Anpassung durch Symbiose, und das seit zweiundsechzig Millionen Jahren
Der Stoffwechsel von Blattkäfern wird vom Paläozän bis heute durch ihre bakteriellen Symbionten angekurbelt.
Farbenprächtige Käfer, die sich von einer Vielzahl von Pflanzen ernähren, verfügen über stabile Stoffwechselfähigkeiten, die sie den Bakterien verdanken, die sich in speziellen Organen ihres Verdauungstrakts befinden. Das Bakterium Stammera liefert wichtige Enzyme, durch die Cassidinae-Käfern pflanzliche Zellwandbestandteile zügig zu verdauen können. Forschende des Max-Planck-Instituts für Biologie in Tübingen haben den historischen Ursprung dieser besonderen Beziehung entdeckt. Sie fanden heraus, dass symbiotische Blattkäfer eine größere Artenvielfalt aufweisen als ihre nicht-symbiotischen Verwandten. Diese Ergebnisse, die den Zeitpunkt der Symbiose auf zweiundsechzig Millionen Jahre rückdatieren und ihre zentrale Rolle/Funktion bei der Anpassung aufzeigen, wurden gerade in Current Biology veröffentlicht.
Blattkäfer stellen in den Regenwäldern Panamas, einem ökologischem Hotspot biologischer Vielfalt, ein Paradebeispiel für Mutualismus dar. Hier arbeiten zwei unterschiedliche Arten zusammen, um sich an schwierige Umgebungsbedingungen anzupassen. Sie teilen sich dieselben Ressourcen, anstatt zu konkurrieren. Diese Komplementarität von Symbiont und Wirt stellt die metabolische Grundlage der Interaktion dar, insbesondere in Hinsicht auf den Abbau der pflanzlichen Zellwand.
"Ich wollte herausfinden, wie weit diese Symbiose verbreitet ist, ob ihre Stoffwechselfähigkeiten bei verschiedenen Arten auftreten kann und wie sich dies auf ihre Rolle im natürlichen Lebensraum auswirkt", erzählt Marleny García-Lozano, Doktorandin und Hauptautorin der Studie. Die Max-Planck-Forschungsgruppe für Mutualismen hat mit Forschenden in Japan, den Niederlanden und Panama zusammengearbeitet. Einer von ihnen ist Dr. Donald Windsor, ein renommierter Experte für Blattkäfer am Smithsonian Tropical Research Institute. Im Regenwald sammelten die Forschenden die faszinierenden Insekten, um anschließend die Interaktion durch genomische und molekulare Analysen im Labor zu ergänzen.
Im Jahr 2017 identifizierte Dr. Hassan Salem, Leiter der Max-Planck-Forschungsgruppe und Korrespondenzautor der Studie, die Hauptfunktion des Bakteriums als Produzent von Pektinase-Enzymen. Diese sind für die Verdauung von Blattnahrung entscheidend, da den Blattkäfern die für diesen Prozess erforderlichen Enzyme fehlen.
Dr. Salem hebt hervor: „Mikroben können eine wichtige Rolle bei der Untersuchung der Frage spielen, wie Tiere in neue Umgebungen einwandern. Die Berücksichtigung des Stoffwechselpotenzials von Tieren und ihren Mikroben ist entscheidend für eine ganzheitliche Untersuchung der Anpassung."
Ohne die zellwandabbauenden Enzyme von Stammera, deren Genom auf weniger als 0,3 Mb reduziert wurde, wäre die Verdauungsphysiologie der Blattkäfer nicht in der Lage, pflanzliches Material zu verdauen, wodurch den Käfern wichtige Nährstoffe vorenthalten blieben.
„Sie stehen in einer obligaten Beziehung zueinander. Die Bakterien können ohne das Insekt nicht überleben, und wenn wir die Bakterien aus dem Insekt entfernen, stirbt der Käfer innerhalb weniger Tage", erklärt García-Lozano. Die symbiotische Mikrobe Stammera passt die Expression der Genen, die die Verdauungsenzyme kodieren, im Laufe der Entwicklung an die spezifischen Bedürfnisse ihres Wirts an. Folglich produziert Stammera die notwendigen Enzyme, die den Ernährungsbedürfnissen des Wirtsorganismus entsprechen, und steigert so dessen allgemeine Vitalität.
Entschlüsselung der symbiotischen Beziehung
Die Forschenden waren überrascht, dass nicht alle Käfer diese obligatorische Symbiose aufwiesen, als die 6.000 Arten der Gattung Cassidinae entstanden, da sie eine wesentliche Rolle bei der Verdauung und dem Wachstum von Insekten spielt.
Die Studie zeigt, dass der Erwerb von Stammera durch Blattkäfer im Paläozän, vor etwa 62 Millionen Jahren, stattfand. Das Verständnis des Zeitpunkts, zu dem der Wirt diesen Symbionten erwarb, unterstreicht den historischen Kontext, die koevolutionären Prozesse und die Auswirkungen auf die Anpassung, die sich aus symbiotischen Partnerschaften ergeben.
Diese umfassende Untersuchung von symbiotischen Beziehungen bei Insekten unterstreicht die entscheidende Rolle molekularer Interaktionen bei der Gestaltung der Vielfalt von Insektenarten und ökologischen Netzwerken. Hierbei werden verschiedenste komplementäre Ansätze, von der analytischen Chemie über Genomik und Feldversuche bis hin zur molekularen Evolution mit paläontologischem Kontext, eingesetzt.
Der Schutz und die Erhaltung der Gesundheit und Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis der komplizierten Wechselwirkungen zwischen Insekten, Pflanzen und Mikroorganismen.