Geschichte des Instituts
Auch wenn das Institut im Jahr 1954 zunächst als „Max-Planck-Institut für Virusforschung“ gegründet wurde, gehen die Ursprünge des Max-Planck-Instituts für Biologie Tübingen bereits auf das Jahr 1937 zurück. Adolf Butenandt und andere Wissenschaftler an den Instituten für Biochemie und Biologie der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin-Dahlem erkannten damals das Potenzial von Viren als Modellorganismen biologischer Forschung und initiierten die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Förderung der Virusforschung. 1943 wurden die Arbeitsgruppe und nachfolgend die gesamten Institute für Biologie und Biochemie kriegsbedingt nach Tübingen ausgelagert. Nach Kriegsende und der Gründung der „Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.“ wurde ein neues Gebäude zur Unterbringung des Instituts für Biologie sowie der Virus-Arbeitsgruppe in Tübingen errichtet. Dank der vielversprechenden Entwicklung der Virusforschung wurde die Arbeitsgruppe bald erweitert. Als eines der ersten Institute der damals jungen Max-Planck-Gesellschaft erfolgte 1954 schließlich die Gründung des „Max-Planck-Instituts für Virusforschung“.
Pionierarbeiten in Virologie und Genetik: Die erste Generation
Die Gründungsdirektoren waren 1954 Hans Friedrich-Freksa (Abteilung für Physikalische Biologie), Gerhard Schramm (Abteilung für Biochemie) und Werner Schäfer (Abteilung für Virologie). Im Jahr 1960 kam Alfred Gierer als Direktor der Abteilung für Molekularbiologie hinzu.
Die vier Abteilungen, die jeweils in eigenen Gebäuden untergebracht waren, nutzten gemeinsam zentrale Einrichtungen wie eine Bibliothek, die Elektronenmikroskopie, das Tierhaus und das Gewächshaus. Nach der Gründung des Instituts für biologische Kybernetik im Jahr 1968 teilte sich das Max-Planck-Institut für Biologie das Gästehaus (Max-Planck-Haus) mit seinem neuen Nachbarn.
In dieser Frühzeit des Max-Planck-Instituts für Virusforschung fand hier bahnbrechende Forschung zur Molekularbiologie des genetischen Codes sowie zur Struktur und Funktion von Retroviren bei Tieren und dem pflanzlichen RNA-Virus TMV statt.
Im Jahr 1969 wurde das Friedrich-Miescher-Laboratorium (FML) auf dem Campus eingerichtet, das bis heute vier unabhängige Nachwuchsgruppen beherbergt.
Hinwendung zur Entwicklungsbiologie: Die zweite Generation
Der erste Direktor der zweiten Generation, Friedrich Bonhoeffer, kam aus dem Kreis der FML-Gruppenleiter. Bonhoeffer wurde 1972 zum Direktor ernannt, gefolgt von Uli Schwarz und Peter Hausen. Die wissenschaftliche Ausrichtung des Instituts wandelte sich allmählich, weshalb es 1984 in Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie umbenannt wurde. Im Jahr darauf wurde die spätere Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard als Direktorin der Abteilung für Genetik an das Institut berufen. In den folgenden Jahren beinhalteten die Forschungsschwerpunkte die Entwicklungsbiologie von Süßwasserpolypen und Fröschen, der Neuroembryologie von Hühnern, sowie die Entwicklungsgenetik von Fruchtfliegen und Zebrafischen.
Wachstum und Wandel: Die dritte Generation
Nach der Emeritierung von Alfred Gierer und Friedrich Bonhoeffer war es Zeit für eine dritte Generation von Direktorinnen und Direktoren, die wiederum eine Veränderung der wissenschaftlichen Ausrichtung des Instituts mit sich bringen sollte. Als sich 1998 abzeichnete, dass das benachbarte Max-Planck-Institut für Biologie seine Pforten schließen würde, wurden Mittel frei, die für eine Vergrößerung des Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie genutzt werden konnten. Im Jahr 1999 kam die Abteilung für Integrative Evolutionsbiologie von Ralf Sommer ans Institut, 2001 folgte die Abteilung für Proteinevolution von Andrei Lupas. Ein Jahr darauf brachte Detlef Weigel (Abteilung Molekularbiologie) die Pflanzenbiologie zurück an das Institut. Die neue Generation von Direktorinnen und Direktoren wurde mit der Ernennung von Elisa Izaurralde im Jahr 2005 (Biochemie) und Gerd Jürgens im Jahr 2008 (Zellbiologie) komplettiert.
Die Emeritierung von Gerd Jürgens im Jahr 2010 und das frühe Verscheiden von Elisa Izaurralde im Jahr 2018 brachten erneut Veränderungen am Institut mit sich: 2016 kam Ruth Ley als Leiterin der Abteilung für Mikrobiomforschung nach Tübingen, 2020 kam durch ergänzte Susana Coelho die Abteilung für Algenentwicklung und -evolution hinzu, und 2024 erweiterte Yen-Ping Hsueh das Institut um die Abteilung für Komplexe biologische Wechselwirkungen. Neben den Abteilungen und ihren jeweiligen Forschungsgruppen beherbergt das MPI auch mehrere unabhängige Forschungsgruppen.
Die breite Ausrichtung, die das Institut in den letzten Jahren entwickelt hat, spiegelt sich auch in einer weiteren Umbenennung wieder: Seit 2022 trägt es den Namen Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen.